Zurück zum Blog

Digitalisierung und ihre Macherinnen: Interview mit Anika Pirwitz von Pier 14

Lesezeit 8 mins | 30.01.2023 | Von: Heike Hoppmann

Digitalisierung ist ein großes Buzzword. Doch wer sind die Akteurinnen hinter einzelnen Projekten? Was passiert in dieser Hinsicht wirklich in den Unternehmen? Wir haben uns an die Pionierinnen der Digitalisierung gewandt, um mehr zu erfahren. Anika Pirwitz ist E-Commerce-Managerin bei Pier 14, einem Lifestyle- und Modeunternehmen an der Ostsee. Im Interview verrät sie, warum die Herausforderungen auf der Insel Usedom andere sind als im Rest Deutschlands und wie sie die Automatisierung des Online-Shops von Pier 14 vorantreibt.

Anika, erzähle uns zu Beginn zwei, drei Worte zu deiner Person: Wer du bist und was du bei Pier 14 machst.

Ich bin die einzige E-Commerce-Managerin bei Pier 14. Pier 14 ist ein Familienunternehmen, das seit über 30 Jahren besteht. Aktuell haben wir auf der Insel und in Kühlungsborn 16 Lifestyle Stores. Auf Usedom haben wir zwei ganz spannende Standorte, Zinnowitz und Heringsdorf, wo wir viele sogenannte Concept Stores haben. Dort bieten wir Mode und kuratierte Accessoires in Kombination mit Restaurants. Das heißt, wir konsolidieren alle schönen Sachen des Lebens, von Mode bis Essen.
Seit neuestem sind wir dabei, diese Pier-14-Lebenswelt online zu transferieren. Mit unserem eigenen Webshop, der jetzt vor kurzem an den Start gegangen ist und noch kontinuierlich optimiert wird. Hier kommt AX Semantics ins Spiel, weil wir alles mit vielen passenden Texten anreichern und schick machen wollen.

Das hört sich so an, als ob du sehr stolz auf dein Arbeitsumfeld und deinen Arbeitgeber bist – und dass dir die Arbeit sehr gefällt.

Ja, es ist einfach ein tolles Unternehmen. Es macht Spaß, wir haben tolle Produkte. Wir dürfen im schönsten Bereich des Lebens tätig sein. Ich meine, wer kauft sich nicht gerne etwas Schönes? Wer geht nicht gerne essen? Den Menschen tolle Momente zu schenken, ist doch was Wunderbares.
Meine Mission ist, diese tollen Momente noch ins Web zu transportieren. Einer unserer drei Geschäftsführer, Stefan Richter, der die ganze Digitalisierung bei Pier 14 vorantreibt, wollte von Anfang an, dass die ganze Infrastruktur stimmt und alles möglichst vollautomatisch abläuft.

Denn es ist hier auf der Insel schwer, Mitarbeiter zu rekrutieren. Ich glaube, das ist überall schwer. Hier oben im Nordosten, ganz dicht an Polen, wollen die Menschen Meer schnuppern und Urlaub machen. Doch leben wollen die meisten woanders und gerade junge Menschen wandern ab. Wegen der Mitarbeitersituation, aber auch weil es Sinn macht, legen wir von Anfang an Wert auf Vollautomatisierung. Das beinhaltet alle Prozesse. Die Ware kommt rein, wird erfasst, fotografiert und dann automatisch mit den Bildern in den Webshop hochgeladen. Wird etwas verkauft, muss es direkt aus dem Kassenbestand gehen. Das macht es sehr aufwändig, aber auch sehr spannend.

Ihr seid dabei, ein ganzes Lebensgefühl zu digitalisieren. Wie genau willst du das erreichen?

Ich glaube, es werden drei Aspekte wichtig werden. Das ist zum einen die Bildwelt. Wir haben ein tolles Fotostudio, wo wir unsere Produkte automatisiert fotografieren. Produktbilder sind ja eigentlich Pflicht. Die Kür ist, dass wir die Bildwelten mit Kampagnenbildern unterstützen. So versuchen wir generell unsere Looks und Outfits an tollen Orten hier auf der Insel zu fotografieren. Dadurch fangen wir auch besondere Landmarks Usedoms ein. Beispielsweise die Seebrücken, die jeder Usedom-Urlauber kennt. Das Urlaubsgefühl kehrt beim Betreten des Online-Shops wieder, weil sich die bekannte Bildwelt dort spiegelt.

Ein weiterer Aspekt: Wir kuratieren sorgfältig unsere Mode und kaufen nach Outfits ein. Wir beraten und sagen nicht nur: “Hier hast du einen Alpaka-Pulli”, sondern empfehlen gleich, was dazugehört. Genau das wollen wir ins Web transportieren, beispielsweise mit Outfit-Ideen wie “Looks of the Week”. Das trifft dieses Lebensgefühl, das wir vermitteln wollen.

Der dritte Punkt ist der Text – für unsere Produkte, unsere Website. Wir wollen zum Beispiel über Pullis nicht nur schreiben: “Der ist besonders wärmend und hat ein tolles Material und ist kuschelig im Sommer wie im Winter”. Wir wollen über das Produkt viel mehr sagen, wie: “Mensch, mit diesem Alpaka-Pulli kannst du supergut an der Promenade in Heringsdorf flanieren. Der taugt zum Spazierengehen wie zum Essen in einem unserer Restaurants. Bei uns an der Ostsee, in Heringsdorf. Komm’ doch mal vorbei.”

Wir haben die Idee, die Texte so zu gestalten, gemeinsam mit Saim (Geschäftsführer von AX Semantics) entwickelt. Er hat sich ganz viele Gedanken dazu gemacht, um auf der geringen Datenbasis trotzdem sehr anregende Texte zu entwickeln. Das gelingt durch das Integrieren des Ostsee-Feelings.

Ihr setzt Technologien sehr fortschrittlich ein. Wie ist da deine Wahrnehmung? Wie verortest du Pier 14 im Vergleich?

Wir sind wirklich ein großer technischer Vorreiter hier auf der Insel. Das, was Pier 14 macht, so durchdacht und automatisiert, da wüsste ich keinen auf der Insel, der das ansatzweise macht. Sei es jetzt die automatische Texterstellung oder das Fotostudio, wir sind sehr stolz.

Es war ein Ritterschlag, als uns die Otto Gruppe anrief und meinte: “Wir haben gehört, ihr habt ein cooles Fotostudio, dürfen wir uns das mal angucken?” Das konnten wir gar nicht glauben, dass sie davon wussten und auf so kleine Player wie uns gucken. Aber ich glaube, das zeigt, wie fortschrittlich Pier 14 in diesem Bereich ist.

Wie sind die Reaktionen in deinem privaten Umfeld, wenn du erzählst, was du machst?

Ich komme aus dem technischen Bereich. Ich war früher Projektmanagerin für Onlineprojekte und das ist das, was ich kann. Dann bin ich auf die Insel gezogen und ich dachte mir: “Mit digitalen Projekten werde ich wahrscheinlich nie wieder etwas zu tun haben, weil es so was auf der Insel nicht gibt.” Jetzt habe ich diese tolle Gelegenheit bekommen, bei Pier 14 zu arbeiten. Mit Stefan und auch dem einen oder anderen Kollegen habe ich ein tolles Team, mit dem ich mich austauschen kann.

Aber außerhalb dieser Gruppe ist es ganz schwer, über meinen Arbeitsalltag zu sprechen, weil ich eben nicht Lehrerin, Bäckerin oder Busfahrerin bin, worunter sich jeder etwas vorstellen kann. Sei es jetzt bei Familie oder Freunden, das verstehen die Wenigsten und ich höre öfter: “Ah, Online Shopping mache ich auch manchmal.” Das sind so die Reaktionen.

Würdest du dich selbst als digitale Treiberin bezeichnen oder wie würdest du dich einordnen?

Ich hatte schon immer eine Leidenschaft fürs Digitale und bin auch ein bisschen "nerdy”. Ich freue mich, wenn Sachen super funktionieren, die Usability gut ist und ich freue mich über neue Technik. Da habe ich einen Spieltrieb und will alles verstehen. Man merkt über die vielen Jahre im Beruf, wie sich alles weiter verändert und vorangetrieben wird. Das macht Spaß und es wird kontinuierlich mehr möglich – alles wird leichter, aufregender und schneller. Dadurch entstehen große Chancen, wie die durch AX Semantics. Es ist ein Tool, das den Arbeitsalltag stark erleichtert und es macht Spaß, sich in sowas reinzufuchsen. Als ich mir mal eine Reihe von Talks zu Automatisierungstechnik angesehen habe, fand ich nur AX Semantics spannend. Alles andere passte nicht so gut zu uns. Wir dachten: Wer den Klingel-Katalog betexten kann, der kann auch unsere Texte schreiben. Da haben wir uns dann für AX Semantics entschieden.

Du selbst stehst neuer Technik mehr als aufgeschlossen gegenüber. Musstest du bei deinen Kollegen für die Digitalisierungsprojekte viel Überzeugungsarbeit leisten?

Die Technik wird vieles leichter machen, von daher mussten wir nicht so viel missionieren. Also das war mit den Kollegen nicht so klischeehaft, dass man alle überzeugen muss. Ich glaube, es war sogar umgekehrt, weil nicht alle in den technischen Themen drin steckten. Aber das Vertrauen in die Technik ist relativ groß. Viele denken: Man muss nur den Zauberknopf drücken und bei Textautomatisierung mittels Natural Language Generation (NLG) schreibt ein kleiner Roboter komplette Texte und man muss gar nichts machen. Wenn ich missionieren muss, dann eher, dass Technik nicht ganz von allein funktioniert.

Was war dein Berufswunsch als Kind?

Ich hatte ganz lange gar keine Vorstellung von dem, was mir Spaß macht. Aber ich wollte als Kind Radiomoderator werden und später Apotheker. Letztendlich habe ich dann Tourismuswirtschaft studiert und da hatte ich den erhellenden Moment, als ich in meiner Schwerpunktwahl eine Website gebaut habe. Da war alles mögliche dabei: Video, Schnitt mit bisschen Programmierung, bisschen Content Management System, bisschen Projektmanagement, Tools, alles, was man dazu braucht. Später auch Projektmanagement mit technischem Verständnis für verschiedene Medientypen. Und da habe ich dann gedacht: "Das macht total Spaß!” Mit der ersten beruflichen Erfahrung wusste ich dann: Digitales ist mein Ding.

Mit den fortschrittlichen Themen, die du angehst und der Erfahrung, die du schon sammeln konntest, hast du bestimmt den ein oder anderen Tipp, den du anderen Digitaltreiberinnen mit auf den Weg geben kannst?

Ja, was ich jungen Frauen mitgeben möchte und kann, ist: Natürlich kann man alles machen und schaffen. Aber man sollte neugierig sein und nicht gleich aufgeben. Man muss sich viel rein denken, Wissen aneignen. Lasst euch nicht vom Technik-Jungle entmutigen, sondern legt einfach los. Schaut, was technische Lösungen können und dann arbeitet ihr euch ein. Ich glaube, wenn man da einen langen Atem hat, kann man irgendwie alles schaffen.

 

Liebe Anika, das waren schöne Worte - vielen Dank für das Interview.

Heike Hoppmann

Heike Hoppmann ist überzeugt von der Wirksamkeit von Worten. Kreativ darf der Umgang mit Worten sein, aber vor allem auch zielführend. Schreiben ist kein Selbstzweck. Diesen Gedanken prägte sie über mehrere Jahre erfolgreich bei vielen Online-Redakteuren als Begleiter und Coach für Redaktionsmanagement und digitale Transformationsprozesse. Und ist heute der Grundsatz für ihre Arbeit als PR Leiterin bei der AX Semantics GmbH.