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Digitalisierung und ihre Macherinnen: Interview mit Mirela Comor von Lyreco

Lesezeit 6 mins | 05.12.2022 | Von: Heike Hoppmann

Digitalisierung vorantreiben” schreit es an allen Ecken. Aber wer steckt eigentlich hinter einzelnen Digitalisierungsprojekten? Und wie steht es um den Fortschrittswillen in konkreten Vorhaben? Wir haben bei Digital-Treiberinnen nachgefragt. Mirela Comor ist Product Content Managerin bei Lyreco Germany, einem der größten global agierenden Händler für Bürobedarf. Im Interview erzählt Mirela von den Erfahrungen, die sie als Digital-Treiberin gesammelt hat und verrät uns den schönsten Moment ihres Automatisierungsprojekts.

Mirela, erzähl uns doch erst einmal, wer du bist und was du machst.

Gern! Mein Name ist Mirela Comor. Ich komme aus Hannover, bin 40 Jahre alt und arbeite jetzt seit drei Jahren für Lyreco Deutschland als Content Managerin. Davor habe ich zehn Jahre im Contentbereich gearbeitet. Aber im High Fashion Umfeld, also mit Klamotten, Schuhen und Taschen. Und dort haben wir tatsächlich auch schon ein bisschen was mit Automatisierung gemacht. Ich habe mich bei Lyreco neuen Herausforderungen gestellt. Die automatische Textgenerierung mit AX Semantics ist das größte Projekt bei uns überhaupt. Das ist sozusagen mein Baby.

Wie war es für dich, so ein großes Projekt anzugehen?

Es ist am Anfang alles ein bisschen mit Angst, zumindest einer kleinen Angst verbunden. Automatisierung kann eine Vereinfachung sein, kann aber auch technisch richtig herausfordern. Da kommen schnell Fragen auf: Schaffe ich das überhaupt? Kann ich das überhaupt umsetzen? Was muss ich dafür können? Bin ich dafür überhaupt richtig ausgebildet?

Die Einführung und Etablierung von Content-Automatisierung ist ja auch ein großer Schritt. Wie hat denn dein Umfeld reagiert?

Die Reaktionen der Kollegen – oder auch anderer Personen – sind eigentlich immer durchweg positiv. Automatisierung hat auf jeden Fall ein positives Image, auch die automatisierten Texte. Selbstverständlich kommen bei neuen Wegen auch immer Fragen auf: ‘Wie wird das denn gemacht? Und bin ich da mit involviert? Und was ist denn jetzt mit mir?’ Jeder, der irgendwie mit Content zu tun hat, muss natürlich mit eingebunden werden. Im Großen und Ganzen kann ich aber ganz klar sagen, dass die Reaktionen durchweg positiv sind.

"Automatisierte Texterstellung, so sehe ich das, ist Teamarbeit.”

Mirela Comor, Product Content Managerin, Lyreco

Du sagtest, das Umfeld zu involvieren war wichtig. Wie hast du es geschafft, alle auf die Reise mitzunehmen?

Bei uns gab es viele Vorträge und es sind viele Prozessdiagramme veröffentlicht worden. Wir haben die einzelnen Steps abgeklärt und Aufklärung betrieben: Was passiert wann, wo wollen wir hin, wie machen wir das? Und was sind die einzelnen Arbeitspakete? Wie schaffen wir es, dorthin zu kommen? Es sind beispielsweise einige Aufräumarbeiten notwendig, um überhaupt so etwas Tolles starten zu können.

Wir haben versucht, alle Kollegen schon bei der Gestaltung der Projekte mit ins Boot zu holen. Automatisierte Texterstellung, so sehe ich das, ist Teamarbeit. Die Fachbereiche spielen eine große Rolle. Generell schadet es nie, sich wertvolle Informationen von anderen Kollegen zu holen. Nur weil ich dieses Tool beherrsche, weiß ich ja nicht alles über jeden Textbaustein. Da brauche ich den Input von Fachkräften. Und dieser stetige Austausch ist wichtig, um dann auch eine gewisse Qualität zu erreichen. Zum Beispiel, um die User Experience noch besser zu machen.

Würdest du dich selbst als Digital-Treiberin beschreiben?

Absolut. Ich bin jemand, der nur mit Excel-Listen gearbeitet hat. Deshalb weiß ich, was es bedeutet, mit Excel-Listen zu arbeiten: Uneinheitlichkeit, Fehler, wiederholte Fehler und manueller Aufwand eben. Das geht dann natürlich auch an die Psyche.
Schon vor drei Jahren hatte ich die Idee, eine riesige Excel-Liste, in der wir gearbeitet haben, zu automatisieren. Wir sind dann gleich mehrere Schritte weitergegangen und erstellen jetzt alle Texte komplett automatisiert. Die ursprüngliche Idee war ein Baukastensystem. Eine kleine Maske, die es ermöglicht, ein paar Zuordnungen zu automatisieren. Und in diesem Zuge entstand direkt ein großes Projekt daraus. Das bedeutet eine komplette Automatisierung was die Produkte betrifft – und was die Datenbeschaffung, Datenpflege etc. angeht. Das macht ja auch Sinn.

"Wow, das ist so was Tolles, was du machst!”

Was sagt eigentlich dein privates Umfeld dazu? Ist es allen klar, was du da machst?

Ich erzähle gern davon und erkläre auch gern, was ich arbeite. Meine Gesprächspartner sind alle total begeistert. Und Leute, die gar nicht aus dem Bereich kommen, können es kaum glauben. Sie fragen: ‘Echt, wie geht das und wie macht ihr das?’

Ich bin da auch super stolz drauf, dass wir das machen und dass ich das machen darf. Ist ja auch nicht selbstverständlich. Und dass man sich da auch so ein bisschen was aufbaut. Ich werfe was rein und da kommt so was Tolles bei raus. Und dieser ganze Ablauf, dieser ganze Prozess, den zu begleiten, das ist schön. Und auch aus meinem privaten Umfeld sagen alle ‘Toll, wow, das ist so was Tolles, was du machst.’ Da kriegt man nur positives Feedback zurück.

Klingt motivierend. Dein Wunschberuf als Kind sah aber wahrscheinlich anders aus?

Ich hatte mehrere, aber ich wollte sowas wie Reporterin oder Journalistin werden. Ich bin in meine jetzige Funktion eigentlich ja mehr oder weniger reingerutscht. Aber auch absolut gerne geblieben, muss ich sagen. Ich bin schon seit über 13 Jahren im Bereich Content tätig und das macht mir Spaß. Es gibt Menschen, die sagen, es wäre toll, wenn man irgendwas macht, was man liebt. Und ich mache das wirklich.

Das sieht man auch! Du lächelst durchweg in diesem Interview, sehr schön. Gibt es denn auch Momente, die dich in diesem Projekt ärgern oder etwaige Hindernisse?

Ärgern vielleicht im weitesten Sinne. Es ist beispielsweise so, dass ich nicht so schnell vorankomme, wie ich es gerne hätte. Weil bestimmte Prozesse noch nicht finalisiert sind oder so.
Aber im Grunde habe ich alle Voraussetzungen bekommen. Ich habe die Zeit, das Investment und alles bekommen, um dieses Projekt zu machen – und dafür bin ich auch sehr dankbar. Deswegen gibt es nicht so viel, worüber ich mich ärgere. Und da bin ich auch ganz glücklich darüber.

Viel Rückenwind für Digitalisierung – das freut mich. Gab es denn einen Wow-Moment für dich? Was war besonders schön für dich?

Als ich die ersten Vorher-Nachher-Vergleiche gemacht habe. Also nicht der Export, als ich die Texte gesehen habe, sondern als ich bei uns im Webshop von ein und demselben Produkt den Vergleich zwischen dem alten und dem neuen Text hatte. Und da habe ich erst mal gesehen, was wir geschafft haben. Das war so ein Moment, in dem ich dachte: ‘Wow, das hat sich jetzt alles gelohnt’. Es ist so ein Mehrwert und das sieht so toll aus. Und ja, da war ich glücklich.

Lyreco Textbeispiel
Was Textautomatisierung möglich macht: Vorher-Nachher-Textbeispiel von Lyreco.

Und jetzt? Wird es so langsam langweilig?

Nein, es ist und bleibt spannend, weil es gar kein Ende gibt. Nicht im negativen Sinne. Es geht um das Modifizieren des Ganzen. Beispielsweise können jetzt die einzelnen Projekte weiterentwickelt werden. Der Content ist ja nicht in Stein gemeißelt und bleibt dann für alle Ewigkeiten so. Die Bedürfnisse der Kunden, der User, ändern sich und die Produkte selbst ändern sich. Oder die gewünschten Informationen, die man dem Kunden mitgeben möchte, werden angereichert. Und das kann man eben mit der Automatisierung ganz gut bedienen.

Hast du Vorbilder? Bist du vielleicht selbst eines?

Ich versuche, ein Vorbild für andere zu werden. Vielleicht will ich das werden, um Ängste zu nehmen und um Menschen zu unterstützen und zu begleiten.

Möchtest du anderen Digital-Treiberinnen etwas mit auf den Weg geben?

Ja. Sich trauen! Man denkt immer: Ach, was ich mir hier ausgedacht habe, macht alles gar keinen Sinn. Doch vielleicht macht es Sinn. So war es bei mir auch. Angefangen hat es mit der Excel-Listen-Idee und ein paar Jahre später arbeite ich mit diesem Tool, das genau das macht, was ich als Idee hatte. Also immer mutig sein, es lohnt sich!

Heike Hoppmann

Heike Hoppmann ist überzeugt von der Wirksamkeit von Worten. Kreativ darf der Umgang mit Worten sein, aber vor allem auch zielführend. Schreiben ist kein Selbstzweck. Diesen Gedanken prägte sie über mehrere Jahre erfolgreich bei vielen Online-Redakteuren als Begleiter und Coach für Redaktionsmanagement und digitale Transformationsprozesse. Und ist heute der Grundsatz für ihre Arbeit als PR Leiterin bei der AX Semantics GmbH.